Betriebs­vorschrift für Privat­anschluss­bahnen

In der durch die Erlasse vom 13. April 1909 – IV A 18.293 – und
vom 9. Juni 1927 (HMBI S. 234) geänderten Fassung.
(nichtamtliche Fassung)

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

I. Geltungsbereich der Betriebs­vorschrift

§ 1 Grenze der Privatanschlussbahnen
§ 2 Änderung der Bahnanlagen

II. Zustand der Bahn

§ 3 Spurweite
§ 4 Längsneigung
§ 5 Krümmungen
§ 6 Spurerweiterungen
§ 7 Fahrbarer Zustand der Bahn
§ 8 Umgrenzung des lichten Raumes
§ 9 Einfriedung der Bahn
§ 10 Abteilungszeichen, Neigungszeiger, Merkzeichen

III. Zustand, Unterhaltung und Untersuchung der Betriebsmittel

§ 11 Zustand der Betriebsmittel
§ 12 Einrichtung der Lokomotiven
§ 13 Abnahmeprüfung und wiederkehrende Untersuchungen der Lokomotiven und Tender
§ 14 Bahnräumer, Aschkasten, Funkenfänger
§ 15 Bremsen der Lokomotiven und Tender
§ 16 Federn, Zug- und Stoßvorrichtungen
§ 17 Spurkränze
§ 18 Stärke der Radreifen
§ 19 Untersuchung der Wagen
§ 20 Bezeichnung der Wagen
§ 21 Übergang der Betriebsmittel auf Haupt- und Nebeneisenbahnen oder Kleinbahnen

IV. Einrichtungen und Maßregeln für die Handhabung des Betriebes

§ 22 Bewachung der Bahn
§ 23 Stärke der Züge
§ 24 Zahl der Bremsen eines Zuges
§ 25 Bildung der Züge
§ 26 Erleuchtung der Wagen
§ 27 Größte zulässige Fahrgeschwindigkeit
§ 28 Langsamfahren
§ 29 Abfahrt der Züge
§ 30 Schieben der Züge
§ 31 Zugpersonal
§ 32 Stillstehende Lokomotiven und Wagen
§ 33 Mitfahren auf der Lokomotive
§ 34 Gebrauch der Dampfpfeife
§ 35 Führung der Lokomotive
§ 36 Außergewöhnliche Maschinen

V. Signalwesen

§ 37 Streckensignale
§ 38 Weichensignale
§ 39 Zugsignale
§ 40 Signale des Lokomotivpersonals
§ 41 Verständigung zwischen Stationen
§ 42 Signalordnung

VI. Betriebsführung

§ 43 Betriebsleitung und Befähigung der Bediensteten
§ 44 Dienstanweisung
§ 45 Unfallmeldungen

VII. Allgemeines

§ 46 Zuständigkeit der Auf­sichts­be­hörden
§ 47 Schlussbestimmungen

I. Geltungsbereich der Betriebs­vorschrift

Auf Grund des Gesetzes über Kleinbahnen und Privat­anschluss­bahnen vom 28. Juli 1892 und der Ausführungsanweisung dazu vom 13. August 1898 wird für die unter der gemeinsamen Aufsicht der Regierung zu ..................... und der zuständigen Eisen­bahn­behörden ............... stehenden Privat­anschluss­bahnen im Sinne des § 43 des genannten Gesetzes nachstehende Betriebs­vorschrift erlassen.

§ 1

Derjenige Punkt der Anschlussbahn, von welchem ab sie unter der gemeinsamen Aufsicht der Regierung und der zuständigen Eisenbahn­behörde steht, muss durch eine Tafel mit der Aufschrift: "Grenze der Privat­anschluss­bahn" bezeichnet werden.

§ 2

Die Anschlussbahn darf in keiner Weise ohne Geneh­migung der Auf­sichts­be­hörden erweitert oder abgeändert werden.

II. Zustand der Bahn

§ 3

Für Vollspurbahnen soll die Spurweite, im Lichten zwischen den Schienenköpfen gemessen, in geraden Gleisen 1.435 mm, für Schmalspurbahnen 1.000 mm, 750 oder 600 mm betragen. Aus­nahmen können von den Aufsichts­behörden zugelassen werden.

§ 4

Die Längsneigung der Bahn soll auf freier Strecke das Verhältnis 40 ‰ (1:25) in der Regel nicht überschreiten. Falls stärkere Neigungen durch die eisenbahn­technische Aufsichts­behörde zugelassen werden, bestimmt letztere die für diese Neigung etwa notwendigen Änderungen und Ergänzungen der Betriebs­vorschrift.

§ 5

Der Halbmesser der Krümmungen auf freier Strecke soll in der Regel
-   bei Vollspurbahnen nicht kleiner als   100 m,
-   bei Schmalspurbahnenmit 1 m Spurweite nicht kleiner als   50 m,
     mit 750 mm Spurweite nicht kleiner als   40 m,
     mit 600 mm Spurweite nicht kleiner als   25 m 
sein.

Kleinere Halbmesser sind zulässig, sofern Maschinen und Wagen derartig gebaut sind, dass sie solche Krümmungen anstandslos durchfahren können.

§ 6

In Krümmungen darf die Spurerweiterung
-   bei Vollspurbahnen das Maß von   35 mm,
-   bei Schmalspurbahnenmit 1 m Spurweite das Maß von   25 mm,
     mit 750 mm Spurweite das Maß von   20 mm,
     mit 600 mm Spurweite das Maß von   18 mm 
nicht überschreiten, sofern die Betriebsmittel nicht besonders für größere Spurerweiterungen eingerichtet sind.

§ 7

(1)  Die Bahn ist fortwährend in einem solchen baulichen Zustande zu halten, dass jede Strecke, soweit sie sich nicht in Ausbesserung befindet, ohne Gefahr mit der für sie fest­gesetzten größten Geschwin­digkeit (§ 27) befahren werden kann.

(2)  Bahnstrecken, auf welchen zeitweise die für sie zulässige Fahrgeschwindigkeit ermäßigt werden muss, sind durch Signale als solche zu kennzeichnen, und unfahrbare Strecken, auch wenn kein Zug erwartet wird, durch Signale abzuschließen.

§ 8

(1)  Für Vollspurbahnen ist die Umgrenzung des lichten Raumes in Über­einstim­mung mit den für Neben­eisenbahnen geltenden Vorschriften der Eisenbahn-Bau- und Betriebs­ordnung nach den auf der Anlage dargestellten Umrisslinien einzuhalten. Dabei ist in Krümmungen auf die Spurerweiterung und die Überhöhung der äußeren Schiene Rücksicht zu nehmen.

(2)  Abweichungen von dieser Umgrenzung, welche bereits vor Bekanntmachung dieser Betriebs­vorschrift bestanden haben, können mit Geneh­migung der Aufsichts­behörden auch ferner beibehalten werden.

(3)  Inwieweit bei Ladegleisen der Vollspurbahnen Einschränkungen dieser Umgrenzung zulässig sind, bestimmen in jedem Einzelfalle die Auf­sichts­be­hörden.

(4)  Bei vollspurigen Gleisen müssen die bis zu 50 mm über Schienenoberkante hervortretenden unbeweg­lichen Gegen­stände außerhalb des Gleises im Allgemeinen mindestens 150 mm von der Innenkante des Schienenkopfes entfernt bleiben; bei unver­änderlichem Abstande derselben von der Fahrschiene darf dieses Maß auf 135 mm eingeschränkt werden. Innerhalb des Gleises muss ihr Abstand von der Innenkante des Schienenkopfes mindestens 67 mm betragen, jedoch kann dieser Abstand bei Zwangsschienen nach dem mittleren Teile hin allmählich bis 41 mm eingeschränkt werden.

(5)  In gekrümmten Strecken mit Spurerweiterung muss der Abstand der innerhalb des Gleises hervor­tretenden unbeweglichen Gegen­stände von der Innenkante des Schienenkopfes um den Betrag des Spur­erwei­terung größer sein als die vorgenannten Maße.

(6)  Für Schmalspurbahnen bleibt die Festsetzung der Umgrenzung des lichten Raumes des Auf­sichts­be­hörden vorbehalten.

§ 9

Ob und an welchen Stellen ausnahmsweise Schutzwehren oder andere Sicher­heits­vor­richtungen an Wegen erforderlich sind, bestimmen die Auf­sichts­be­hörden.

§ 10

(1)  Die Bahn muss mit Abteilungszeichenversehen sein, welche Entfernungen von ganzen Kilometern angeben. Ausnahmen sind mit Geneh­migung der Auf­sichts­be­hörden zulässig, wenn es sich um kurze Bahnen nach einem in unmittel­barer Nähe des Anschluss­bahnhofs gelegenen Werk usw. handelt.

(2)  Bei mehr als 500 m langen Neigungen von mehr als 10 ‰ (1:100) sind an den Gefäll­wechseln Neigungs­zeiger anzubringen. Wegen Gestattung von Ausnahmen gilt das im Absatz 1 Gesagte.

(3)  Ob und wo vor den in Schienenhöhe liegenden unbewachten Wegübergängen ein Kennzeichen anzubringen ist, welches dem Lokomotiv­führer eines die Strecke befahrenden Zuges die Annäherung an einen derartigen Übergang anzeigt, ist für jeden Übergang von den Aufsichts­behörden besonders zu bestimmen.

(4)  Zwischen zusammenlaufenden Schienensträngen muss ein Merkzeichen angebracht sein, welches die Stelle angibt, über die hinaus auf dem Gleise Fahrzeuge mit keinem ihrer Teile vorgeschoben werden dürfen, ohne dass der Durchgang von Fahrzeugen auf dem anderen Gleise gehindert wird.

III. Zustand, Unterhaltung und Untersuchung der Betriebsmittel

§ 11

Die Betriebsmittel müssen fortwährend in einem solchen Zustande gehalten werden, dass die Fahrten mit der größten zulässigen Geschwin­digkeit (§ 27) ohne Gefahr stattfinden können.

§ 12

(1)  Für jede Lokomotive ist nach Maßgabe ihrer Bauart eine Fahrgeschwindigkeit vorzuschreiben, welche in Rücksicht auf die Sicherheit niemals über­schritten werden darf. Die Geschwin­digkeit muss an der Lokomotive angezeichnet sein.

(2)  An jedem Lokomotivkessel muss sich eine Einrichtung zum Anschlusse eines Prüfungs­mano­meters befinden, durch welches die Belastung der Sicher­heits­ventile und die Richtig­keit der Federwaagen und Manometer geprüft werden kann.

(3)  Jede Lokomotive muss versehen sein:

a)  Mit mindestens zwei zuverlässigen Vorrichtungen zur Speisung des Kessels, welche unab­hängig vonein­ander in Betrieb gesetzt werden können, und von denen jede für sich während der Fahrt imstande sein muss, das zur Speisung erforder­liche Wasser zuzuführen. Eine dieser Vorrichtungen muss geeignet sein, beim Stillstande der Lokomotive dem Kassel Wasser zuzuführen.
b)  Mit mindestens zwei voneinander unabhängigen Vorrichtungen zur zuverlässigen Erkennung der Wasser­stands­höhe im Innern des Kessels. Bei einer dieser Vorrich­tungen muss die Höhe des Wasserstandes vom Stande des Führers ohne besondere Proben fort­während erkennbar und eine in die Augen fallende Marke des niedrigsten zulässigen Wasserstandes angebracht sein.
c)  Mit wenigstens zwei Sicherheitsventilen, von welchen das eine so eingerichtet sein soll, dass die Belastung desselben nicht über das bestimmte Maß gesteigert werden kann. Die Sicherheitsventile sind so einzurichten, dass sie vom gespannten Dampfe nicht weg­geschleudert werden können, wenn eine unbeab­sichtigte Entlastung derselben eintritt. Die Einrichtung der Sicherheits­ventile muss denselben eine senkrechte Bewegung von 3 mm gestatten.
d)  Mit einer Vorrichtung (Manometer), welche den Druck des Dampfes zuverlässig und ohne Anstellung besonderer Proben fortwährend erkennen lässt. Auf den Zifferblättern der Manometer muss der höchste zulässige Dampfüberdruck durch eine in die Augen fallende Marke bezeichnet sein.
e)  Mit der Dampfpfeife und mit einer Läutevorrichtung.

§ 13

(1)  Neue oder mit neuen Kesseln versehene Lokomotiven dürfen erst in Betrieb gesetzt werden, nachdem sie einer technisch-polizeilichen Abnahmeprüfung unterworfen und als sicher befunden sind. Der hierbei als zulässig erkannte höchste Dampf­überdruck sowie der Name des Fabrikanten der Lokomotive und des Kessels, die laufende Fabriknummer und das Jahr der Anfertigung müssen in leicht erkennbarer und dauerhafter Weise an der Lokomotive bezeichnet sein. Bei Verwendung älterer Lokomotiven und Kessel kann von der Bezeichnung des Fabrikanten, der laufenden Fabriknummer und des Jahres der Anfertigung mit Geneh­migung der Auf­sichts­be­hörden abgesehen werden.

(2)  Nach jeder umfangreichen Ausbesserung des Kessels, im übrigen in Zeitabständen von höchstens drei Jahren, sind die Lokomotiven nebst den zugehörigen Tendern in allen Teilen einer gründlichen Untersuchung zu unterwerfen, mit welcher eine Kessel­druck­probe zu verbinden ist. Diese Zeit­abschnitte sind vom Tage der Inbetrieb­setzung nach beendeter Untersuchung bis zum Tage der Außer­betriebsetzung zum Zwecke der nächsten Untersuchung zu bemessen.

(3)  Bei den Druckproben ist der Kessel vom Mantel zu entblößen, mit Wasser zu füllen und mittels einer Druckpumpe zu prüfen. Der Probedruck soll den höchsten zulässigen Dampfüberdruck um 5 Atmosphären übersteigen. Bei Lokomotiven, für welche ein geringer Probedruck bis zum Inkrafttreten dieser Verordnung als zulässig erachtet worden ist, kann es mit Geneh­migung der Auf­sichts­be­hörden hierbei verbleiben.

(4)  Kessel, welche bei dieser Probe ihre Form bleibend ändern, dürfen in diesem Zustande nicht wieder in Dienst genommen werden.

(5)  Bei jeder Kesselprobe ist gleichzeitig die Richtigkeit der Manometer und Ventilbelastungen der Lokomotiven zu prüfen.

(6)  Der angewendete Probedruck ist mittels eines Prüfungsmanometers zu messen, welches in angemessenen Zeitabständen auf seine Richtigkeit untersucht werden muss.

(7)  Längstens acht Jahre nach Inbetriebsetzung eines Lokomotivkessels muss eine innere Untersuchung desselben vorgenommen werden, bei welcher die Siederohre zu entfernen sind. Nach spätestens je sechs Jahren ist diese Untersuchung zu wiederholen.

(8)  Über die Ergebnisse der Kesseldruckproben und der sonstigen mit den Lokomotiven und Tendern vorgenommenen Untersuchungen ist Buch zu führen.

§ 14

(1)  An der Stirn der Lokomotiven und an der Rückseite der Tender und Tenderlokomotiven müssen Bahnräumer angebracht sein.

(2)  Jede Lokomotive muss mit einem verschließbaren Aschkasten und mit Vorrichtungen versehen sein, welche den Auswurf glühender Kohlen aus dem Aschkasten und dem Schornstein zu verhüten bestimmt sind. Bei Privat­anschluss­bahnen, die vom Anschlussbahnhof unmittelbar in das Werk usw. hineinführen, kann mit Geneh­migung der Auf­sichts­be­hörden von Aschkästen und Funkenfängern abgesehen werden.

§ 15

Tenderlokomotiven und Tender müssen ohne Rücksicht auf etwa vorhandene anderweitige Brems­vor­rich­tungen mit einer Handbremse versehen sein, die jederzeit leicht und schnell in Tätigkeit gesetzt werden kann.

§ 16

Sämtliche Wagen, mit Ausnahme der nur in Güter- oder Arbeitszügen laufenden, müssen mit Tragfedern sowie an beiden Stirnseiten mit federnden Zug- und Stoß­vorrichtungen versehen sein. Beim Übergang auf Haupt- oder Neben­eisen­bahnen bzw. Kleinbahnen sind die Bestimmungen des § 21 maßgebend.

§ 17

Sämtliche Räder müssen Spurkränze haben.

§ 18

(1)  Auf Vollspurbahnen muss bei Lokomotiven und Tendern die Stärke der Radreifen mindestens 20 mm betragen; bei Wagen können die Radreifen bis auf 16 mm abgenutzt werden. Die Stärke der Reifen ist in der senkrechten Ebene des Laufkreises zu messen, welche 750 mm von der Mitte der Achse entfernt anzunehmen ist. Bei Rädern, deren reifen durch eine Befestigungsnut unter der der Abnutzung unterworfenen Fläche geschwächt sind, müssen noch an der schwächsten Stelle die bezeichneten Maße innegehalten werden.

(2)  Auf Schmalspurbahnen muss die Stärke der Radreifen der Lokomotiven und Tender mindestens 12 mm, die der Wagen mindestens 10 mm betragen.

§ 19

(1)  Es dürfen nur solche Wagen in Gebrauch genommen werden, die den von den Auf­sichts­be­hörden genehmigten Entwürfen entsprechen.

(2)  Jeder Wagen ist von Zeit zu Zeit durch den Unternehmer einer gründlichen Unter­suchung zu unter­werfen, bei welcher die Achsen, Lager und Federn abgenommen werden müssen. Diese Untersuchung hat spätestens drei Jahre nach der ersten Ingebrauchnahme oder nach der letzten Untersuchung zu erfolgen.

§ 20

(1)  Jeder Wagen muss Bezeichnungen haben, aus welchen zu ersehen ist:

a)  der Eigentümer;
b)  die Ordnungsnummer, unter welcher er in der Wagenliste vom Eigentümer geführt wird;
c)  das eigene Gewicht einschließlich der Achsen und Räder und ausschließlich der losen Aus­rüstungs­gegen­stände;
d)  bei Güter- und Gepäckwagen das Ladegewicht und die Tragfähigkeit;
e)  der Zeitpunkt der letzten Untersuchung;
f)  der Radstand;
g)  das etwaige Vorhandensein von Lenkachsen und die Verschiebbarkeit der Mittelachse;
h)  bei Wagen, deren Achslager für periodische Schmierung eingerichtet sind, der Zeitpunkt der letzten Schmierung.
Wenn die Wagen lediglich auf Privat­anschluss­bahnen verkehren und nicht auf die anschließende Eisenbahn oder Kleinbahn übergehen, kann mit Geneh­migung der Auf­sichts­be­hörden von allen diesen Bezeichnungen oder einzeln abgesehen werden.

(2)  Die Bezeichnungen unter f, g und h können bei Schmalspurbahnen fortfallen.

§ 21

Die Betriebsmittel, welche auf Bahnen übergehen, für welche die Eisenbahn-Bau- und Betriebs­ordnung und die Eisenbahn-Signalordnung Geltung haben, müssen den für diese Bahnen erlassenen Vorschriften entsprechen, sofern dieselben in Züge der Haupt- oder Nebenbahnen eingestellt bzw. zur Beförderung solcher Züge benutzt werden. Beim Übergang auf Züge von Kleinbahnen greifen die für diese Bahnen erlassenen Bestimmungen Platz.

IV. Einrichtungen und Maßregeln für die Handhabung des Betriebes

§ 22

(1)  Die Bahnstrecke muss mindestens jeden dritten Tag auf ihren ordnungsmäßigen Zustand untersucht werden. Längere Untersuchungs­fristen können in geeigneten Fällen, insbesondere auf kurzen Privat­anschluss­bahnen mit höchstens täglich zweimaliger Zustellung, durch die Auf­sichts­be­hörden gestattet werden.

(2)  Bei Annäherung eines Zuges oder einer einzeln fahrenden Lokomotive an einen in Schienenhöhe liegenden unbewachten Wegübergang hat der Lokomotiv­führer von der nach § 10 (3) etwa gekenn­zeichneten Stelle an oder, sofern Kennzeichen nicht angebracht sind, in angemessener Entfernung bis nach Erreichung des Überganges die Läute­vorrichtung in Tätigkeit zu halten. Gleiches gilt, wenn Menschen oder Fuhrwerke auf der Bahn oder in gefahrdrohender Nähe derselben bemerkt werden.

(3)  Beim Schieben der Züge (§ 30) liegt die Verpflichtung zum Läuten in den vorbezeichneten Fällen dem wacht­habenden Bedien­steten auf dem vordersten Wagen des Zuges ob.

§ 23

Auf vollspurigen Bahnen sollen nicht mehr als 120 Wagenachsen, auf Schmalspurbahnen von 1 m Spurbreite höchstens 80, von 750 und 600 mm höchstens 60 Wagenachsen in einem Zuge laufen.

§ 24

(1)  In jedem Zuge müssen außer den Bremsen am Tender und an der Lokomotive soviel Bremsen bedient sein, dass durch die letzteren mindestens der aus nachstehendem Verzeichnisse zu berechnende Teil der im Zuge befindlichen Wagenachsen gebremst werden kann.

(2)  Bei der hiernach auszuführenden Berechnung der Zahl der zu bremsenden Wagenachsen ist folgendes zu beachten:

a)  Für Neigungen, welche zwischen den im Verzeichnisse aufgeführten liegen, gilt jedes Mal die größte der dabei in Frage kommenden Bremszahlen.
b)  Die Anzahl der zu bremsenden Wagenachsen ist für die stärkste auf der fraglichen Strecke vorkommende Bahnneigung (Steigung oder Gefälle), welche sich ununterbrochen auf eine Länge von 1000 m oder darüber erstreckt, zu bestimmen. Erreicht die stärkste vorkommende Neigung an keiner Stelle die Länge von 1000 m, so ist die gerade Verbindungslinie zwischen denjenigen zwei Punkten des Längenschnitts, welche bei 1000 m Entfernung den größten Höhenunterschied zeigen, als stärkstgeneigte Strecke anzusehen.
c)  Sowohl bei Zählung der vorhandenen Wagenachsen, als auch bei Feststellung der erforderlichen Bremsachsen ist eine unbeladene Güterwagenachse als halbe Achse zu rechnen. Die Achsen von Personen- und Gepäckwagen sind stets voll in Ansatz zu bringen.
d)  Der bei der Berechnung der erforderlichen Anzahl der zu bremsenden Wagenachsen sich etwa ergebende überschießende Bruchteil ist, wenn er größer ist als ein Halb, stets als ein Ganzes zu rechnen.

(3)  Für Züge und Wagen, welche auf längeren Strecken ausschließlich durch die Schwerkraft oder mit Hilfe stehender Maschinen sich bewegen, werden die erforderlichen Sicherheitsvorschriften von der eisen­bahn­technischen Auf­sichts­be­hörde erlassen. Das gleiche gilt auch für Bahnen von außergewöhnlicher Bauart.

(4)  Den Aufsehern, Lokomotiv- und Zugführern ist bekanntzugeben, der wievielte Teil der Wagenachsen auf jeder Strecke muss gebremst werden können.

§ 25

Bei Bildung der Züge ist darauf zu achten, dass die Wagen gehörig zusammengekuppelt sind, die Belastung in den einzelnen Wagen tunlichst gleichmäßig verteilt ist, die nötigen Signalvorrichtungen angebracht und die erforderlichen Bremsen bedient und tunlichst gleichmäßig im Zuge verteilt sind.

§ 26

Das Innere der zu Beförderung von Personen benutzten Wagen ist während der Fahrt bei Dunkelheit angemessen zu erleuchten.

§ 27

Die größte zulässige Fahrgeschwindigkeit wird im allgemeinen auf 15 km in der Stunde festgesetzt. Eine größere Fahr­geschwin­digkeit kann bei vorliegendem Bedürfnisse unter ange­messener Er­gän­zung dieser Betriebs­vorschrift von den Auf­sichts­be­hörden zugelassen werden.

§ 28

(1)  Wenn ein Signal zum Langsamfahren gegeben ist oder ein Hindernis auf der Bahn bemerkt wird, muss die Fahrgeschwindigkeit in einer den Umständen angemessenen Weise ermäßigt werden.

(2)  Auf Strecken, in welchen eine Drehbrücke liegt oder welche aus einem sonstigen Grunde stets mit besonderer Vorsicht befahren werden müssen, ist die größte zulässige Geschwindigkeit von den Auf­sichts­be­hörden besonders festzusetzen.

§ 29

Kein Zug darf eine Station verlassen, bevor die Abfahrt von dem zuständigen Angestellten gestattet ist.

§ 30

Das Schieben von Zügen auf freier Strecke, an deren Spitze sich eine führende Lokomotive nicht befindet, ist nur dann zulässig, wenn ihre Stärke nicht mehr als 50 Wagenachsen beträgt. Der vorderste Wagen muss alsdann mit einem wachthabenden Bediensteten besetzt sein, welcher eine weithin tönende Glocke und bei Dunkelheit eine Laterne zum Geben von Signalen bei sich zu führen hat (§ 22).

§ 31

Das Begleitpersonal darf während der Fahrt nur einem Angestellten (Zugführer) untergeordnet sein.

§ 32

(1)  Bei angeheizten Lokomotiven muss, solange sie stillstehen, der Regulator geschlossen, die Steuerung in Ruhe gesetzt und die Bremse angezogen sein. Die Lokomotive muss dabei stets unter Aufsicht stehen.

(2)  Die ohne ausreichende Aufsicht wie die über Nacht auf den Gleisen verbleibenden Wagen sind durch geeignete Vorrichtungen festzustellen.

§ 33

Ohne Erlaubnis eines zuständigen Bediensteten darf außer den durch ihren Dienst dazu berechtigten Personen niemand auf der Lokomotive mitfahren.

§ 34

(1)  Der Gebrauch der Dampfpfeife sowie das Öffnen der Zylinderhähne ist auf die notwendigsten Fälle zu beschränken.

(2)  In der Nähe einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Straße soll unter möglichster Vermeidung des Gebrauchs der Dampfpfeife vorzugsweise die Läutevorrichtung zur Anwendung kommen (§ 22).

§ 35

Jede Lokomotive muss mit einem Führer und einem Heizer besetzt sein, wenn nicht die Auf­sichts­be­hörden mit Rücksicht auf die Einfachheit der Verhältnisse des Anschlusses die Besetzung nur mit einem Führer gestatten.

Die Heizer müssen mit der Handhabung der Lokomotive soweit vertraut sein, um sie er­forder­lichen­falls zum Stillstand bringen zu können. Dem Lokomotiv­personal dürfen Obliegenheiten nicht über­tragen werden, welche es in der Wahrnehmung des Lokomotiv­dienstes hindern.

§ 36

Sofern andere als mit Dampfkraft betriebene Maschinen Verwendung finden, sind die für ihren Zustand, ihre Unterhaltung, Untersuchung und Handhabung zu beachtenden Sicher­heits­vor­schriften bis auf weiteres von der eisen­bahn­technischen Auf­sichts­be­hörde für jedes Unternehmen besonders festzusetzen, im übrigen aber diejenigen der vorstehenden und der noch folgenden Vorschriften, deren Anwendung Bedenken nicht entgegenstehen, unverändert einzuführen oder, soweit not­wendig, zu ändern und zu ergänzen.

V. Signalwesen

§ 37

(1)  Auf der Bahn müssen die Signale gegeben werden können:
      der Zug soll langsam fahren    und
      der Zug soll halten.
Bei übersichtlichen Privat­anschluss­bahnen nach Werken usw., die unmittelbarer Nähe des An­schluss­bahn­hofs liegen, kann mit Geneh­migung der Auf­sichts­be­hörden von diesen Signalen abgesehen werden.

(2)  Bewegliche Brücken, mit Ausschluss derjenigen, welche nur ausnahmsweise bei vorüber­gehender Außer­betrieb­setzung der betreffenden Gleise geöffnet werden, sind nach beiden Rich­tungen durch Signale abzu­schließen, welche mit der Ver­riegelungs­vor­richtung der Brücke dergestalt in gegenseitiger Abhängigkeit stehen, dass das Fahrsignal nur bei genauer und völlig sicherer Feststellung der Brücke erscheinen kann.

§ 38

Die jedesmalige Stellung der Einfahrweichen muss dem Loko­motiv­führer durch Signale kenntlich sein, wenn nicht die Weichen durch einen sicheren Verschluss unverrückbar festgestellt sind. Wegen Gestattung von Ausnahmen gilt das zu § 37 (1) Gesagte.

§ 39

Jeder geschlossen fahrende Zug muss mit Signalen versehen sein, welche bei Tage den Schluss, bei Dunkelheit aber die Spitze und den Schluss erkennen lassen. Gleiches gilt für einzeln fahrende Lokomotiven. Wegen Gestattung von Ausnahmen gilt das zu § 37 (1) Gesagte.

§ 40

Das Lokomotivpersonal muss die Signale geben können:
      Achtung,
      Bremsen anziehen    und
      Bremsen loslassen.

§ 41

Anschlussbahnen, deren ganze Ausdehnung vom Ausgangs- und Endpunkte nicht übersehen werden kann, müssen auf Verlangen der eisen­bahn­technischen Auf­sichts­be­hörde mit elektrischen Schreibtelegraphen oder Fernsprechern zur Regelung des Zugverkehrs versehen sein.

§ 42

(1)  Im Übrigen bleibt die Einrichtung des Signalwesens von der Eigenart des Betriebes auf der betreffenden Bahn abhängig.

(2)  Soweit Signale in Anwendung kommen, wird ihre Einrichtung und Handhabung von den Auf­sichts­be­hörden bestimmt.

VI. Betriebsführung

§ 43

(1)  Auf jeder Anschlussbahn muss einem dazu befähigten Angestellten die durch besondere Dienstanweisung zu regelnde verantwortliche Leitung des Betriebes übertragen werden (Betriebsleiter). Ausnahmen sind mit Geneh­migung der Auf­sichts­be­hörden auf kürzeren Privat­anschluss­bahnen mit einfachsten Betriebsverhältnissen, oder wenn der gesamte Betrieb durch die Verwaltung der anschließenden Eisenbahn geführt wird, zulässig. Die im Betriebsdienste der Anschlussbahn beschäftigten Angestellten (Aufseher, Loko­motiv­führer, Heizer, Zugführer, Bremser, Rangierer, Weichensteller, Bahnwärter) und die mit dem Telegraphendienste betrauten Angestellten müssen lesen und schreiben können und die sonst zu ihrem Dienste erforderlichen Eigenschaften besitzen. Die Aufseher, Zugführer und Loko­motiv­führer müssen außerdem mindestens 21 Jahre alt und bei Ausübung des Dienstes mit einem Dienstabzeichen versehen sein.

(2)  Die Loko­motiv­führer müssen ferner im Schlosserhandwerk ausgebildet sein, wenigstens ½ Jahr in einer Maschinenfabrik gearbeitet und ½ Jahr als Heizer gefahren haben. Ausnahmen sind bei einfachen und kleineren Privatanschlussbetrieben mit Geneh­migung der Auf­sichts­be­hörden zulässig.

(3)  Diese Personen sind den Auf­sichts­be­hörden seitens des Anschlussinhabers namhaft zu machen.

(4)  Der Anschlussinhaber ist gehalten, im äußeren Betriebsdienste nur nach Vorstehendem befähigte Personen zu beschäftigen und auf Verlangen der eisen­bahn­technischen Auf­sichts­be­hörde deren Befähigung nachzuweisen.

(5)  Auch ist diese Behörde befugt, eine Prüfung der Bediensteten des äußeren Betriebsdienstes zu fordern, sowie die Entlassung derjenigen, welche nach ihrem Ermessen nicht als technisch fähig und zuverlässig anzusehen sind.

(6)  Bedienstete der Anschlussbahn, die mit Zustimmung der eisen­bahn­technischen Auf­sichts­be­hörde gleichzeitig auf einer dem Gesetze über die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3. November 1838 unterliegenden Bahnstrecke selbständig Dienstverrichtungen wahrnehmen sollen, müssen den hierfür maßgebenden Bestimmungen über die Befähigung von Eisenbahn-Betriebsbeamten vom 8. März 1906 (RGB1 S. 391 ff.) genügen und sich über diese Befähigung ausweisen.

§ 44

(1)  Den im Betriebsdienste der Anschlussbahn Angestellten (§ 43) sind von deren Inhaber schriftliche oder gedruckte Dienstanweisungen über ihre Dienstverrichtungen und ihr gegenseitiges Dienst­verhältnis zu erteilen. Die eisenbahn­technischen Auf­sichts­be­hörden, welchen diese Dienst­anweisungen vorgelegt werden müssen, können sie beanstanden, wenn sie die Betriebs­sicherheit der Anschluss­bahn nicht für gewahrt erachten. Mit Geneh­migung dieser Behörden kann von der Verteilung schriftlicher oder gedruckter Dienst­anweisungen ganz abgesehen werden, wenn es sich um Privat­anschluss­bahnen von geringer Länge und mit einfachsten Betriebs­verhältnissen handelt.

(2)  Wird der Betrieb auf der Anschlussbahn teilweise oder ausschließlich durch Beamte der anschließenden Eisenbahn oder Kleinbahn ausgeführt, so gelten für alle Angestellten, welche bei der Beauf­sichtigung und bei dem Betriebe dieser Anschlussbahn beschäftigt sind, ausschließlich die für die Beamten gleicher Dienst­stellung der betreffenden Eisenbahn oder Kleinbahn ergangenen oder noch ergehenden Dienst­anweisungen und Vorschriften, welche der Anschluss­inhaber seinen Angestellten zugänglich zu machen hat.

§ 45

(1)  Alle beim Betriebe auf der Anschlussbahn vorkommenden Unfälle sind von dem Anschlussinhaber oder dessen Vertreter sofort – wenn angängig telegraphisch oder telephonisch – der Anschluss­station anzuzeigen.

(2)  Der Staatsanwaltschaft und der Ortspolizeibehörde ist von denjenigen im Betriebe der Anschlussbahn sich ereignenden Unfällen Anzeige zu machen, bei welchen

a)  entweder Menschen getötet oder lebensgefährlich verletzt worden, oder
b)  der Verdacht vorliegt, dass sie — sei es von Eisenbahnbediensteten, sei es von anderen Personen — vorsätzlich herbeigeführt sind (§ 315 Reichs­straf­gesetzbuchs).
In allen wichtigeren Fällen dieser Art ist auch der zuständigen Kreispolizeibehörde (Landrat usw.) Anzeige zu erstatten.

(3)  Der Ortspolizeibehörde ist auch dann Mitteilung zu machen, wenn ihr Einschreiten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zur Fürsorge für verletzte Personen oder aus anderen Gründen erforderlich erscheint

VII. Allgemeines

§ 46

Erweiterungen der Anschlussbahnen (§ 2) unterliegen der gemeinsamen Geneh­migung der Landes­regierung Branden­burg/Magi­strat von Berlin und der eisenbahn­technischen Auf­sichts­be­hörde. Im übrigen, insbesondere bei allen Abänderungen der Bahnanlage, regelt sich die Zuständigkeit, soweit sie nicht schon in einzelnen Paragraphen zum Ausdruck gebracht ist, wie folgt:

Die Bestimmungen der §§ 1, 3, 8 Abs. 1, 2, 3 und 6, der §§ 9, 10 Abs. 1 und 3, 22, Abs. 2 und 3, 26 bis 28, 34 und 45 Abs. 2 und 3 berühren die gemeinschaftliche Aufsicht der Landesregierung Brandenburg und der eisen­bahn­technischen Auf­sichts­be­hörden, die übrigen Bestimmungen dagegen die ausschließliche eisen­bahn­technische Aufsicht der letzteren.

§ 47

(1)  Vorstehende Betriebs-Vorschrift tritt einen Monat nach dem Tage ihrer Veröffentlichung im Amtsblatte der Regierung zu ........................... in Kraft.

(2)  Auf schon bestehenden Privat­anschluss­bahnen können weitere, in den einzelnen Paragraphen nicht schon besonders zugelassene Abweichungen von dieser Betriebs­vorschrift mit Geneh­migung der zuständigen Auf­sichts­be­hörden beibehalten werden.