Zehlendorfer Eisenbahn / Goerzbahn
Die AG Märkische Kleinbahn ist seit 1981 im Lokschuppen an der Goerzallee ansässig und seit 1989 Mitbenutzerin mit eigener Betriebsführung auf dem Anschlussbahngelände der ehemaligen Zehlendorfer Eisenbahn, im Volksmund seit den 1920er Jahren und auch heute noch 'Goerzbahn' genannt. Die Namensgebung geht auf einen ihrer Präsidenten (C.P.Goerz) zurück, der auch Gründer der Optischen Anstalt C.P. Goerz, des seinerzeit größten Berliner Herstellers von Präzisionsoptik war.
• Historischer Abriss
Die Zehlendorfer Eisenbahn- und Hafen-AG (ZEUHAG), später und bis 2011 Zehlendorfer Eisenbahn- und Hafen-GmbH wurde im Jahr 1904 gegründet und konnte im Laufe des Jahres 2004 auf ihr 100-jähriges Bestehen und im Jahr 2005 auf bereits hundert Jahre Eisenbahn-Betrieb zurückblicken.
Aus Anlass des Jubiläums haben wir im Verlag Bernd Neddermeyer ein Buch herausgegeben. Die Printausgabe ist vergriffen; vielleicht findet man bei ebay oder ähnlichen Plattformen noch "antiquarische" Stücke.
Es gibt aber (nur bei uns) eine E-Book-Fassung, die in Teilen aktualisiert wurde.
Seit 1995 gehörte die ZEUHAG zum DB-Konzern. Im Sommer 2011 wurde sie auf die RBH-Logistics verschmolzen, so dass sie zu einem unselbständigen Geschäftsbereich der RBH wurde und der traditionelle Name "Zehlendorfer Eisenbahn" unterging.
Die RBH Logistics GmbH entstand aus der Werksbahn der Ruhrkohle AG. Sie wurde 2004 unter dem Namen "RAG Bahn und Hafen" als GmbH gegründet. Im Jahr 2005 erfolgte die Übernahme durch die DB Schenker Rail Deutschland AG, 2006 die Umfirmierung in RBH Logistics GmbH.
Damit Sie sich einen raschen Blick auf die außerordentlich interessante Geschichte der Goerzbahn, einer kleinen aber feinen Privatanschlussbahn verschaffen können, haben wir hier einige Bilder aus der alten und neuen Zeit der ZEUHAG zusammengetragen.
Das reicht natürlich nur zum Appetit-Anregen... mehr davon erfahren Sie in dem oben genannten Buch.
Bei unseren öffentlichen Veranstaltungen kann man auch die Dauerausstellung zur Geschichte der ZEUHAG ansehen.
1937: Lok 2 (pr. T4) der Zehlendorfer Eisenbahn überquert den Wegübergang im Zuge der heutigen Goerzallee.
Das Gerippe, das man im Hintergrund erkennen kann, ist das Stahlträger-Skelett des damals noch im Bau befindlichen Kreiselgerätewerks. Im Jahr 2009 wurde dieses Gebäude übrigens abgerissen.
Der Fotograf befand sich bei dieser Aufnahme etwa an dem Platz, wo heute die Kuppelachse der Schnellzug-Dampflok an der Einfahrt zum Lokschuppen steht; der Blick führt vom Lokschuppen weg nach Südost.
Vom Herbst 1919 an führte die ZEUHAG auch den eigenen Werks-Personenverkehr für die Beschäftigten der Industrie- Betriebe im Gebiet Schönow durch.
Die Geschwindigkeit der Züge erreichte bis zu 45 km/h.
Die beachtliche Länge der Züge von 8 bis 11 Wagen zeigt, dass dies durchaus wirtschaftliche Bedeutung für die Bahn hatte.
Auch wenn die Züge am Nordbahnhof (welcher ein Stück südwestlich des S-Bf. Lichterfelde West lag) ihre Fahrgäste entließen, zeigte sich, dass die verkehrliche Bedeutung der Zehlendorfer Eisenbahn durchaus nicht zu unterschätzen war. Immerhin handelte es sich bei der Zehlendorfer Eisenbahn 'nur' um eine Anschlussbahn und nicht um eine Eisenbahn des öffentlichen Verkehrs !
Erst 1945 wurde der Personenverkehr auf den Gleisen der ZEUHAG eingestellt. Heute gibt es nur noch Güterverkehr (und von Zeit zu Zeit natürlich auch mal Museumsbetrieb) auf der Goerzbahn.
(Weitere historische Fotos von der Zehlendorfer Eisenbahn gibt es im Bilderbogen.)
Als einziger Anschließer verblieb bis zum Sommer 2018 das unter "APCB" (früher "Visteon") firmierende Werk, das Kunststoffteile für (u.a.) Ford-Automobile fertigt. Diese Erzeugnisse wurden mit Ganzzügen "just in time" direkt ans Montageband in Köln transportiert.
Der erste dieser Züge (hier im Bild) rollte 1990 über die Gleise der Goerzbahn. Die Vmax beträgt heute nur noch 10 km/h...
Viele Jahre lang wurde der Verkehr auf der Goerzbahn ausschließlich von den DR-Lok der Baureihe V 6010 (später BR 106 / 346) bewältigt, bis zur einstweiligen Einstellung des Betriebs im Frühjahr 2018 gab es nur noch die ferngesteuerten V 60 ex DB (363-365).
Auffallend sind die gelben Rundumleuchten auf dem Dach.
Einige Fotos hierzu
Fast derselbe Blickwinkel wie oben, im Jahr 2012 ... die Gebäude im Hintergrund wurden inzwischen neu errichtet:
Fotos: Archiv der Zehlendorfer Eisenbahn, Sammlung MKB
• Nur eine Interimsphase ... (?)
Im Sommer 2018 hat die RBH nach Abbestellung des Güterverkehrs durch den einzigen kommerziellen Kunden der Goerzbahn alle ihre Verträge mit den örtlichen Partnern gekündigt. Es gab daher berechtigte Befürchtungen, dass die Goerzbahn auf Dauer von der Bildfläche verschwinden könnte (was dem Museum und Betrieb der MKB die Grundlage entzogen hätte).
Es konnte jedoch Konsens dahingehend erreicht werden, dass die Bahn erhalten bleibt und die MKB ihre nun im 38. Jahr erfolgreiche Arbeit wird fortsetzen können. In einer Verhandlung in der DB-Zentrale wurde am 10. September 2018 zwischen DB AG, Senat von Berlin, Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, RBH Logistics und AG Märkische Kleinbahn vereinbart, den Betrieb der Goerzbahn zum 1. Januar 2019 auf den ZEUHAG e.V. (einen Ableger der AG Märkische Kleinbahn) zu übertragen, allerdings wurde diese Zusage von der RBH Logistics bisher nicht eingelöst, so dass der Betrieb immer noch ruht.
Um die Zukunft der Goerzbahn nach dem Rückzug der RBH weiter sichern zu können, wurde mit dem Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf eine Vereinbarung getroffen, wonach die Nutzung des Berlin gehörenden Streckengleises zwischen Lichterfelde West und dem Bahnübergang am südlichen Dahlemer Weg unter die Verantwortung des ZEUHAG e.V. gestellt wurde. Das ist ein Anfang, wenn auch ohne die Möglichkeit der Nutzung des weiterhin der RBH gehörenden Bahnhofs Schönow noch immer keine Perspektive für den Betrieb der MKB geschaffen wurde.
• Ein Neubeginn ?
Wir berichteten bereits in mkb-aktuell Heft 69, dass sich die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit den "Advanced TrainLab" der DB abzeichnete. Dieses Projekt ist nun testweise angegangen worden. Am 10. und 12. Februar 2021 fuhr nun zum ersten Mal der Triebzug VT 605 017 über die Gleise der Goerzbahn.
Bildbericht
Nach Auswertung dieser ersten Erprobungsfahrt wird es (so ist es jedenfalls geplant) eine gemeinsame Entscheidungsfindung aller Beteiligten zur künftigen Situation auf der Goerzbahn geben.
In der AG Märkische Kleinbahn besteht die Hoffnung, dass das MKB-Museum bald wieder zu seinem alten Leben zurückfinden wird.
Informationen der Deutschen Bahn zum ATL
Das ATL bei Wikipedia
Wikipedia über den Triebzug der Baureihe 605
• 2021 — Endlich: Der Neustart wird möglich ! (?)
Unter dem Titel "Zukunft von Goerzbahn und Museum in Schönow gesichert" schrieb die Berliner Morgenpost am 13. September 2021: "Das Land Berlin kauft den alten Bahnhof und die Gleise. Damit können Pläne für einen 'Gleispark Zehlendorf Süd' gemacht werden."
Der Portfolioausschuss, in dem Fach- und Finanzverwaltung sitzen, hat nach Aussage seines Mitgliedes Christian Goiny im September 2021 den Ankauf des Grundstücks mit den Gleisen und dem Bahnhofsgebäude durch das Land Berlin beschlossen.
Dem Vernehmen sollte angestrebt werden, noch vor Jahresende die entsprechenden Vereinbarungen zu schließen. Leider haben die Verantwortlichen nicht verlautbart, welches Jahresende gemeint war. So zog die Sache sich weiter dahin wie ein Gummiband ... aber: im Juni 2022 wurde der Kaufvertrag tasächlich geschlossen.
Damit ist die wesentliche Voraussetzung für den Fortbestand der inzwischen 118 Jahre alten Anschlussbahn geschaffen, und nur so kann auch eine sichere Basis für das Bahnmuseum der MKB gelegt werden. Denn durch diesen Kauf gelangt endlich die gesamte Bahnanlage von Lichterfelde West bis zum APCB-Werk südlich der Goerzallee in öffentliche Hand. Vor allem: in EINE Hand. Die bisherige Zerplitterung der Eigentumsverhältnisse hat sich in den letzten Jahren (seit der Betriebseinstellung im Sommer 2018) als Hemmnis für die gedeihliche Entwicklung des Standorts erwiesen. Tatsächlich wird es aber erst zu konkreten Schritten kommen können, wenn die tatsächliche Herrschaft üüber das Grundstück und die Eisenbahn-Infrastruktur an Berlin übergeht. Hierfür kommt es auf den Zeitpunkt des vertraglich vereinbarten Lastenwechsels an, der nach unseren Informationen erst im Jahr 2023 eintreten soll. Dann wird wohl die insgesamt fünfjährige Hängepartie ihr Ende finden ...
• 2024: Immer noch Hemmschuhe im Gleis
... so dachten wir zunächst. Aber leider hat bei den Verantwortlichen niemand zugehört. Trotz unserer seit Jahren gebetsmühlenartig wiederholten Hinweise, dass auch die Übernahme der Infrastruktur des Streckengleises nach Lichterfelde West für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs unabdingbar ist, wurde genau dies beim Vertragsabchluss zwischen DB und BIM ignoriert, so dass diese Infrastruktur immer noch der RBH Logistics GmbH zugerechnet wird. Damit ist der Traum von der Überwindung der Zersplitterung der Eigentumsverhältnisse zunächst ausgeträumt.
Die neue Hausherrin auf dem Bahnhof Schönow, die Berliner Immobilien-Management GmbH (BIM), hat nun seit Frühjahr 2023 die Sachherrschaft über das Schönower Bahngelände. In dieser Zeit hat sie es immerhin geschafft, gesprächsweise zu signalisieren, dass man sich die Zusammenarbeit mit MKB und ZEUHAG vorstellen könnte. Und im April 2024 teilte sie per E-Mail mit, dass "auch wir ... weiterhin intensiv die Möglichkeiten [prüfen], mit Ihnen konkrete Nutzungsvereinbarungen zu schließen, und werden uns hierzu möglichst zeitnah mit Ihnen wieder in Verbindung setzen."
Immerhin (siehe Pressemappe) wurden erhebliche Mittel für die Erforschung der Eignung der Goerzbahn für den ÖPNV in den Berliner Landeshaushalt eingestellt. Aber auch für die Verwirklichung der zu diesem Zweck zu entwickelnden Pläne ist die Übernahme der genannten Infrastruktur durch Berlin unabdingbar.
Es ist inzwischen — nachdem die BIM nun seit mehr als 1½ Jahren die Sachherrschaft über den Bahnhof Schönow innehat — tatsächlich gelungen, erste Gedanken über die mögliche künftige Vertragsgestaltung auszutauschen. Leider wurde dieser Hoffnungsschimmer durch die Berliner Verkehrssenatorin zum Erlöschen gebracht, die uns im September 2024 schrieb: "... erfolgt ein Austausch mit der BIM zur Grundstücksnutzung, wobei aufgrund der bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen derzeit noch keine zeitliche Perspektive aufgezeigt werden kann. ... voraussichtlich [!!!] im Jahr 2025 nach [!!!] Klärung der Eigentumsverhältnisse ...".
Die weitere Entwicklung dokumentieren wir auch im mkb-aktuell.
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